So war der erste Tag des 32. Bundeskongresses

Beginnt hier die Zeitenwende? Über Mut, Haltung und Zusammenhalt in Kaiserslautern

In der historischen Fruchthalle in Kaiserslautern wollten die NaturFreunde Deutschlands ein neues Kapitel aufschlagen. Delegierte des politischen Freizeitverbandes aus ganz Deutschland waren für ein Wochenende zum 32. Bundeskongress zusammengekommen, um gemeinsam über Frieden, Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit in bewegten Zeiten zu debattieren – und den Verband zukunftsfähig weiterzuentwickeln.

Unter dem Motto „Unsere Zeitenwende: Frieden mit Mensch und Natur“ wurde vom ersten Moment an deutlich: Dieser Kongress will gestalten. Bundesvorsitzender Michael Müller gab in seiner Grundsatzrede die Richtung vor: „Wir brauchen eine neue Aufklärung – den Mut, eigenständig zu denken, nicht blind Trends zu folgen. Und wir brauchen die Kraft, für Frieden, soziale Gerechtigkeit und den Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen einzutreten.“

Müller forderte mehr Selbstbewusstsein ein – nicht nur gegenüber politischen Gegnern, sondern auch gegenüber gesellschaftlichen Strömungen, die Nachhaltigkeit auf ökonomische Effizienz verkürzen. Die NaturFreunde müssten sich ihrer historischen Wurzeln bewusst bleiben und gleichzeitig neue Antworten auf die Umbrüche dieser Zeit entwickeln. Der Verband, so Müller, dürfe sich nicht treiben lassen, sondern müsse selbst zum Treiber einer sozial-ökologischen Erneuerung werden. Nur so könnten Natur- und Klimaschutz tatsächlich mit sozialer Gerechtigkeit verbunden werden – ein Alleinstellungsmerkmal, das die NaturFreunde laut Müller verteidigen und ausbauen sollten.

Aussprachen und Arbeitsgruppen am ersten Tag

Am ersten Tag wurden noch keine Anträge beraten. Stattdessen dienten Berichte, Aussprachen und thematische Arbeitsgruppen dazu, die Fundamente zu legen: für eine lebendige Debatte über die zukünftige Rolle der NaturFreunde in einer sich rasant verändernden Welt. In drei Arbeitsgruppen tauschten sich Delegierte engagiert über Fragen der Mitgliedergewinnung, der Verbandskultur und der Sichtbarkeit der Naturfreundehäuser und des Natursports aus.

Doch die Debatte blieb dabei nicht nur harmonisch. In der offenen Aussprache meldetn sich auch kritische Stimmen zu Wort. Einige Delegierte äußerten die Sorge, dass der Verband bei jüngeren Zielgruppen noch nicht ausreichend präsent sei. Andere forderten, die internen Abläufe flexibler und mutiger zu gestalten, um auf die gesellschaftlichen Veränderungen reagieren zu können. Es wurde über die Balance zwischen Tradition und Innovation diskutiert – leidenschaftlich, aber stets getragen von gegenseitigem Respekt und dem gemeinsamen Ziel, den Verband zu stärken.

Gerade diese kritische Reflexion war ein erster Hinweis auf die Qualität des Kongresses: Die NaturFreunde sind keine Organisation, die sich selbst genügt – sie suchen die Auseinandersetzung, weil sie besser werden wollen.

Auch der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz ist NaturFreund

Am Abend erfuhr der Tag einen Höhepunkt: Beim Empfang der Landesregierung betrat Alexander Schweitzer, Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, die Bühne. „Ich bin stolz, selbst NaturFreund zu sein“, bekannte Schweitzer mit sichtbarer Überzeugung. „Die NaturFreunde haben seit 130 Jahren bewiesen, dass soziale Gerechtigkeit, Naturschutz und Frieden zusammengehören.“

Er würdigte den Verband als eine der wenigen Bewegungen, die Nachhaltigkeit nicht technokratisch, sondern mit einem sozialen Gewissen denken. Gerade heute, so Schweitzer, sei die Rolle der NaturFreunde unverzichtbar: als kritische Stimme für Demokratie, als Motor für eine gerechte Klimapolitik, als Beispiel für gelebte internationale Solidarität.

Seine Worte trafen auf eine Delegiertenschaft, die sich ihrer Verantwortung bewusst ist. Schon der erste Tag war lang und klang langsam aus in einer Atmosphäre der Zuversicht und der Bereitschaft, die großen Aufgaben anzunehmen. In vielen Gesprächen am Abend wurde deutlich: Die NaturFreunde wollen sich nicht der Schnelllebigkeit des politischen Betriebs unterordnen. Sie wollen die großen Fragen stellen – und mutige Antworten finden.

Am Samstag wird die Antragsberatung beginnen

Überall wurde leidenschaftlich diskutiert, wurden neue Kontakte geknüpft und alte Freundschaften belebt. Und viele Delegierte fühlten: Diese Zeitenwende wurde getragen von Menschen im Verband, die glauben, dass Veränderung möglich ist – und die bereit sind, dafür einzustehen.

Am Samstag wird der Kongress in seine entscheidende Phase treten. Dann werden 43 Anträge, zudem zahlreiche Änderungs- und Initiativanträge diskutiert. Dabei hat schon der erste Kongresstag gezeigt: Die NaturFreunde sind bereit, Verantwortung zu übernehmen – für Mensch, für Natur, für eine gerechtere Zukunft.

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